Mittwoch, 1. April 2009

Sympathy for his performace- von Gangstern und Dämonen, Part II


In Turners Haus wechselt der Film in eine lineare und gemächlichere Erzählweise, während nun die Handlung selbst ins Bizarre kippt: Form und Inhalt tauschen gegenüber der ersten Hälfte die Rollen, Rollentausch wird überhaupt zu einem Hauptmoment des Films, die Maskerade treibt einem Höhepunkt zu. Wiederkehrender Gebrauch optischer Medien, Photographien, Film im Film und vor allem das omnipräsente Spiegelmotiv illustrieren das Spiel von Selbstvergegenwärtigung, Identitätswechsel und –verlust, das von Buñuel bis Lynch immer Bestandteil des surrealistischen Filmrepertoires gewesen ist.

"But what’s confusing you is the nature of my game"

Das an festen Grundsätzen ausgerichtete Leben Chas' bricht an gleich mehreren Stellen auseinander. Mit einer Damenperücke verkleidet findet er sich nach dem Liebesspiel mit der androgynen Lucy im Bett wieder. "Hast du dich jemals wie eine Frau gefühlt?" fragt sie.
Turner erklärt sie Chas als einen "weiblichen Mann", sich selbst als "männliche Frau", selbstverständliche Trennlinien seiner Moralvorstellungen brechen schockartig auf, Chas versucht sich dagegen zu wehren.
Chas, der als sadistischer Verbrecher zwar das Böse verkörpert, dabei aber letztlich weniger Outlaw als auf Anstand und Ordnung bedachter Kleinbürger ist, sieht sich in der neuen Umgebung als der moralisch Überlegene. Gleichzeitig ist seine Neugier und Faszination für die vermeintlich böse Welt Turners geweckt.
"Nothing is true, everything is permitted“"
Nachdem Chas eine Überdosis halluzinogener Pilze verabreicht wurde, verschwimmen die Grenzen vollends, wir sehen Turner plötzlich mit zurückgekämmten Haaren im Anzug, wie er in Chas' Geschäftswelt "Memo for turner" performt, während dieser nun als femininer Rockstar zu sehen ist.
"Since every cop is a criminal And all the sinners saints"
Identitäten, so die Quintessenz, sind nur Rollen, die wir spielen; Kategorien wie Gut und Böse haben keine Allgemeingültigkeit, sondern funktionieren immer nur in einer begrenzten Umgebung.
"Ich will in dich rein sehn', in dein Hirn reinsehen."
Schließlich wird Chas von seinen Verfolgern entdeckt, die Gangsterbande kommt, ihn "abzuholen". Das "System" Chas kollabiert, in Panik erschießt er Turner. In einer bizarren Kamerafahrt sieht man, wie die Kugel in dessen Hirn und die darin liegenden Bilder eindringt.
Als die Gangster einen Augenblick später mit ihrem Flüchtling abreisen, sieht man: Der Tausch hat sich vollendet- es ist Turner.

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