SZ: Ich nenne Ihnen drei Rolling-Stones-Songs, Sie sagen mir, welcher für die Ewigkeit ist. Tumbling Dice?
Jagger: Nein.
SZ: Gimme Shelter?
Jagger: Echt nicht. Nein.
SZ: Sympathy for the Devil?
Jagger: Der ein bisschen. Ja. [...] (Süddeutsche, 1998)
Dreißig Jahre nach Entstehung des Textes ist der Songtitel längst zum geflügelten Wort avanciert, wird in den Printmedien als griffige Schlagzeile benutzt. Ausstellungen oder Vortragsreihen sind mit dem Stones-Klassiker betitelt, und sofort stellt sich hier beim Rezipienten die erwünschte Assoziation ein- der Song steht für eine Ära, ein Lebengefühl.
Dazu Klaus Theweleit anläßlich der Veröffentlichung seiner Hendrix-Biografie:
taz: "Have you ever been to Electric Ladyland" aus dem Titelsong des 1968 erschienenen Albums "Electric Ladyland" sei eine Zauberformel wie das "Please allow me to introduce myself" der Rolling Stones aus "Sympathy for the Devil"? Inwiefern?
Klaus Theweleit: Die Formel der Stones: Introducing myself as man of wealth and taste, als The Devil, als der Teufel persönlich, war die Übertretungsformel in alle Bereiche des Verbotenen. Die teuflischen kleinen Jungs und Mädchen tun nicht mehr, was Daddy and Mommie ihnen sagen. "Sympathy For The Devil" ist damit das Initiationsstück für alle Übertretungswilligen der 60er-Jahre. "Have You Ever Been To Electric Ladyland" erweitert das auf eine Art übermenschlichen elektronischen Körper hin; ohne dass etwa Roboterhaftes gemeint wäre. Nein, die elektrifizierte Gitarre als metamorphotische Kraft; hinein in den neuen Geschichtskörper der Menschheit. (taz, 2008)
Selbst in abgewandelter Form ("Sympathy for the record industry", "Sympathy for the debil") versteht der Leser sofort den beabsichtigten Verweis. Offenbar reicht allein das Wörtchen "Sympathy" aus, um die Verbindung zum Song herzustellen, er ist Allgemeingut geworden.
Manchen Zeitgenossen ist der Song ob seiner satanischen Verführungskraft selbst heute noch ein Dorn im Auge:
"Die Schweizer sind in Aufruhr: DJ Bobo will beim Eurovision Song Contest als Vampir auftreten. Nationalrat Christian Waber wollte Bobos Song verbieten lassen, da er "satanische Verse" enthalte. [...]
SZ: Himmel und Hölle werden oft in der Musik zitiert. Die Rolling Stones haben "Sympathy for the Devil" gesungen, Wolfgang Petri wollte in die "Hölle, Hölle, Hölle" ...
Waber: Ja, und wir prangern solche Texte seit mehr als 30 Jahren an. Schon bei "Highway to Hell" von AC/DC haben wir das bemängelt und bei Marilyn Mansons Liedern erst recht. Auch Harry Potter ist nicht ungefährlich. Manche Kinder nehmen die Fabelwesen mit in ihr Leben hinein. Die Folgen sind Schlafstörungen und Angstzustände." (Süddeutsche, 2007)
Nicht erst mit dem Aufstieg Jaggers in den Adelsstand gehören die Rolling Stones zum nationalen Kulturgut der Briten. Da verwundert es nicht sonderlich, dass nun auch Straßen in der Heimatstadt der Stones nach Songs der Rocker benannt werden sollen, um diesen Status zu festigen:
"Satisfaction Street, Stones Avenue und Lady Jane Walk: Das südenglische Städtchen Dartford will die Straßen eines Neubaugebiets nach Songs der Rolling Stones benennen. Die Einwohner sind begeistert - Bedenken kommen dagegen von der Polizei.
In der Diskussion ist auch eine Stones Avenue, ein Lady Jane Walk sowie ein Little Red Walk, benannt nach dem Song "Little Red Rooster" oder eine Sympathy Street nach "Sympathy For The Devil"."
(SPIEGEL, 2008)
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